Viren verantwortlich für Prostatakrebs?
In Deutschland werden nach Angaben des Robert Koch Instituts jährlich 58.500 Prostatakrebserkrankungen neu diagnostiziert. Es ist somit die häufigste bösartige Erkrankung des Mannes und trotzdem nehmen die Vorsorgeuntersuchung ab 45 Jahren nur etwa 13 Prozent der Männer wahr. Die Ursachen für die Entstehung des Prostatakrebses sind bisher allerdings noch weitgehend unbekannt. Nunmehr haben Wissenschaftler der Universitäten in Utah und New York Hinweise gefunden, dass ein Virus an der Entstehung des Krebses beteiligt sein könnte. Sie untersuchten 334 Proben von Prostatagewebe und wiesen in 6 Prozent des gesunden Gewebes und in 23 Prozent des Gewebes mit Prostatakrebs ein Virus nach, das die Bezeichnung XMRV trägt. Es handelt sich bei dem Virus um ein Retrovirus, zu dem zum Beispiel auch der Aids Erreger HIV gehört. Infizierte Prostatakrebspatienten litten zudem unter einer wesentlich aggressiveren Tumorvariante. Zur Zeit gibt es jedoch laut Professor Ila R. Singh, die an der Forschung maßgeblich beteiligt ist, mehr Fragen als Antworten. Unklar ist unter anderem, ob das Virus auch Frauen befällt oder wie es übertragen wird. Sollte sich in weiteren Studien der Zusammenhang zwischen Virus und Prostatakrebs erhärten, ergäben sich für die frühe Erkennung, die Vorbeugung und die Behandlung neue Möglichkeiten.
Was weiß man bisher über Risikofaktoren und die Entstehung von Prostatakrebs?
Bisher bekannt ist, dass das Alter eine wesentliche Rolle bei der Entstehung des Prostatakrebses spielt. Über 80 Prozent der Männer mit dieser Erkrankung sind älter als 60 Jahre. Aber je jünger jemand ist, desto höher die Wahrscheinlichkeit, dass der bösartige Tumor sehr aggressiv ist. Ein weiterer wichtiger Risikofaktor ist die genetische Veranlagung. So hat ein Mann, dessen Vater oder Bruder einen Prostatakrebs haben, ein doppelt so hohes Risiko an Prostatakrebs zu erkranken, als die übrige männliche Bevölkerung. Sind darüber hinaus andere männliche Familienmitglieder betroffen, steigt das Risiko bis auf 50 Prozent und der Tumor kann bereits im frühen Lebensalter auftreten. Das männliche Hormon, Testosteron, hat sowohl auf das Wachstum der gesunden Prostatazellen, als aber auch auf die Krebszellen einen fördernden Einfluss. So erkranken Männer, die seit der Pubertät kein Testosteron bilden, extrem selten an Prostatakrebs. Die Ernährung spielt ebenfalls eine Rolle bei der Entstehung von Prostatakrebs. Eine mediterrane oder ostasiatische Küche, mit wenig rotem Fleisch und Wurst, aber faserreichen Nahrungsmitteln wie Obst und Gemüse sowie Sojaprodukten und pflanzlichen Ölen, senkt das Risiko zu erkranken. Außerdem ist bekannt, dass Vitamin D eine positive Wirkung gegen Krebserkrankungen haben könnte, möglicherweise auch auf den Prostatakrebs. Es wird sowohl über die Nahrung, zum Beispiel Fisch, aufgenommen, als auch unter Sonneneinstrahlung in der Haut im Körper selbst gebildet.
Da man an den Risikofaktoren, ausgenommen die Ernährung, nicht viel ändern kann, ist die regelmäßige Untersuchung der Prostata und die Bestimmung des PSA Wertes das Wichtigste. Eine in sieben europäischen Ländern (ERSPC-Studie) durchgeführte Studie an 182.000 Männern hat nach acht Jahren ergeben, dass die Sterblichkeit für Prostatakrebs durch die PSA Bestimmung um 27% abnimmt. Das entspräche ca. 2.000 Todesfällen weniger pro Jahr in Deutschland allein bei Prostatakrebs.
Nur die frühe Erkennung des Prostatakrebses führt zur Heilung.
Autor: Prof. (MEX) Dr. med. (I) Berthold Schneider
Erschienen in der Westdeutschen Allgemeinen Zeitung (WAZ)