Harninkontinenz

Eine der häufigsten Alterserkrankungen – fast sechs Millionen Menschen leiden an unfreiwilligem Harnverlust.

Harninkontinenz

Harninkontinenz ist eine der häufigsten Alterserkrankungen, die sowohl den Menschen, der davon betroffen ist, als auch seine Umgebung schwer belastet. In Deutschland leiden etwa 6 Millionen Menschen an einer Harninkontinenz, das heißt sie haben einen unwillkürlichen, unfreiwilligen Harnverlust.

Die Inkontinenz ist nur vermeintlich harmlos, steht sie doch an vierter Stelle derjenigen Erkrankungen, die erheblich die Lebensqualität einschränken. Unangenehme Begleiterscheinungen des unwillkürlichen Harnabgangs können Geruchsentwicklung und ein Aufweichen der Haut mit möglichem Pilzbefall sein. Oft wird dieses Leiden vom Patienten selbst dem Arzt gegenüber nicht erwähnt, da es sich immer noch um ein Tabuthema nicht nur für den Patienten handelt. Denn in unserer Gesellschaft herrscht immer noch die Meinung vor, dass alles kontrolliert und geordnet ablaufen muss und daran hat sich schließlich auch der Körper zu halten. Aus diesem Grund erhält nur etwa ein Fünftel der Betroffenen eine angemessene Behandlung. So kommt es häufig aus Scham zum Rückzug der betroffenen in die gesellschaftliche Vereinsamung sowie zu starker seelischer und körperlicher Belastung. Die Betroffenen meiden die Öffentlichkeit, soziale Kontakte werden seltener und kürzer und langjährige Freundschaften gehen hierdurch oftmals verloren. Der Tagesablauf der Betroffenen wird der Verfügbarkeit einer Toilette untergeordnet. Der rechtzeitige Besuch beim Arzt vermag dies zu verhindern, indem er nach einer Befragung und verschiedenen Untersuchungsmethoden die Ursache und Form der Harninkontinenz herauszufinden versucht und daran die Behandlung ausrichten wird.

Beim Mann ist die Inkontinenz oftmals bedingt durch eine vergrößerte Prostata oder durch eine Operation, während sie bei der Frau oftmals nach Geburten oder durch Übergewicht auftritt. Die zwei vorrangig auftretenden Inkontinenzformen sind die Belastungsinkontinenz und die überaktive Blase mit Urinverlust, die ganz unterschiedlich behandelt werden müssen.
Unter Belastungsinkontinenz versteht man den Urinverlust bei körperlicher Anstrengung, wie z.B. schweres Heben.
Beim Urinverlust der Überaktiven Blase ist der Schließmuskel intakt, aber die Blase zieht sich unwillkürlich zusammen und versucht sich auch bei geringen Urinmengen plötzlich zu entleeren.

Die Behandlungsmaßnahmen erstrecken sich von einfachen hygienischen Maßnahmen, verschiedenen Medikamenten für die jeweilige Harninkontinenzform, Muskelstimulationsgeräte bis hin zu operativen Maßnahmen. Auch die Botoxinjektion kann bei entsprechender Indikation vorgenommen werden und wird in der PUR/R durchgeführt.

Was kann man tun um erst gar nicht inkontinent zu werden?

Nicht in allen Fällen kann das Auftreten einer Harninkontinenz vermieden werden. Jedoch können insbesondere Frauen rechtzeitig entsprechende Maßnahmen wie Gewichtsreduktion bei Übergewicht oder Beckenbodengymnastik nach Geburten ergreifen, um einer Harninkontinenz vorzubeugen.

Harninkontinenz stellt ein weit verbreitetes, nur zum kleinen Teil erkanntes und behandeltes Problem dar. Heutzutage sollte kein Mensch mehr aus Scham den Weg zum Arzt scheuen, um frühzeitig Maßnahmen zur Verhinderung einer Harninkontinenz zu ergreifen. Die Inkontinenz ist in den meisten Fällen heilbar oder zumindest deutlich zu verbessern, so dass sich niemand aus diesem Grund in der Gesellschaft zu isolieren braucht.

Autor: Prof. (MEX) Dr. med. (I) Berthold Schneider
Erschienen in der Westdeutschen Allgemeinen Zeitung (WAZ)

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